Soeben haben wir in einer Studie mit mehr als 5000 Teilnehmenden des HSP-Tests herausgefunden, dass hochsensible Menschen in ihren Partnerschaften zufriedener sind, wenn ihre Partner ihre Hochsensibilität akzeptieren und Verständnis zeigen. Partner:innen müssen aber nicht selbst hochsensibel sein, um eine positive Auswirkung auf die Beziehung zu haben, sondern nur Verständnis und Wertschätzung zeigen.
Wie wir zur Hochsensibilität bei der Partnersuche kamen
Bei Gleichklang wurden wir auf die mögliche Rolle von Hochsensibilität für das Online-Dating aufmerksam durch Zuschriften von Mitgliedern und Interessierten, die uns um eine Aufnahme von Hochsensibilität in unseren Vermittlungskatalog baten.
Wie aber sollte Hochsensibilität bei der Vermittlung berücksichtigt werden?
- Die Betroffenen berichteten uns über vorherigen Beziehungen, die daran gescheitert seien, dass ihre Partner:innen keinerlei Verständnis für ihre Hochsensibilität gezeigt hätten. Sie seien als überempfindlich oder hysterisch bezeichnet worden. Rückzugsräume seien ihnen nicht zugestanden worden. Auf ihre Empfindlichkeit gegenüber Lärm oder grellem Licht sei keinerlei Rücksicht genommen worden und ihr Verhalten sei als Anstellerei gedeutet worden. Die Betroffenen schilderten eine erhebliche Belastung durch ihre vorherigen Beziehungserfahrungen und wollten diese auf keinen Fall noch einmal wiederholen.
In weiteren qualitativen Befragungen fanden wir heraus, dass viele Betroffene sich dezidiert ebenfalls hochsensible Partner:innen wünschten. Vergangene Beziehungen mit hochsensiblen Partner:innen wurden oft als harmonischer und erfüllter geschildert.
Anderen genügte es aber, wenn künftige Partner:innen Verständnis und Akzeptanz für ihre Hochsensibilität zeigen würden.
Einführung des Matching für Hochsensible
Wir waren anfangs skeptisch, weil wir fürchteten, den Suchraum von Mitgliedern unnötig zu beschränken. Andererseits waren die Argumente der Betroffenen nachvollziehbar und unmittelbar einleuchtend.
Wir entschieden uns daher dafür, Hochsensibilität tatsächlich in unseren Vermittlungsalgorithmus aufzunehmen, die konkrete Vermittlungsart den Beteiligten selbst zu überlassen:
- Hochsensible können angeben, dass sie nur andere Hochsensible kennenlernen möchten, oder dass sie auch gerne Menschen kennenlernen möchten, die sich durch Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für ihre Hochsensibilität auszeichnen.
- Nicht-Hochsensible können eine grundsätzliche Bereitschaft für eine Beziehung mit Hochsensiblen bekunden. Sie können Hochsensible aber auch aus dem Kreis der ihnen vermittelten Personen ausschließen.
Ziel dieses Vermittlungsprinzip ist es, ein negatives Aufeinanderprallen von Hochsensibilität und Nicht-Hochsensiblität zu verhindern. Wir wollen aber auch von uns aus Partnerschaften und Freundschaften zwischen Hochsensiblen und Nicht-Hochsensiblen nicht von vornherein ausschließen und überlassen daher den Suchenden selbst diese Entscheidung.
Den meisten genügt Verständnis und Akzeptanz
Im Ergebnis geben übrigens mehr als 90 % unserer hochsensiblen Mitglieder bei ihren Suchkriterien bei Gleichklang ein, dass Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung genügen.
Nur knapp 10 % unserer hochsensiblen Mitglieder wollen ihre Partnersuche oder Freundschaftssuche auf andere hochsensible Personen beschränken.
Seither machen wir mit dieser Art der Vermittlung sehr gute Erfahrungen. So haben Hochsensible nach unseren Auswertungen zur Erfolgsrate die gleichen Vermittlungschancen wie Mitglieder ohne Hochsensibilität:
- Hochsensible Mitglieder: 34 % fanden eine Beziehung, wenn sie mindestens ein Jahr nicht aufgegeben hatten. 61 % fanden eine Beziehung, wenn sie mindestens zwei Jahre nicht aufgegeben hatten. 78 % fanden eine Beziehung, wenn sie mindestens drei Jahre nicht aufgegeben hatten.
Auch entnehmen wir unseren Auswertungen zur Dauer und Zufriedenheit von Gleichklang-Beziehungen, dass die meisten der durch uns vermittelten Beziehungen fortbestehen und glücklich bleiben.
Was macht glücklich?
Aber was macht Hochsensible in Beziehungen tatsächlich glücklich? Ist es eine gemeinsame Hochsensibilität, die 10 % unserer hochsensiblen Mitglieder suchen? Oder ist es Verständnis, Wertschätzung und Akzeptanz, die für 90 % unserer hochsensiblen Mitglieder ausreichend sind?
Dies wollten wir jetzt genauer wissen und haben dazu eine Studie mithilfe des von mir entwickelten HSP-Tests „Bin ich hochsensibel?“ durchgeführt.
Test für Hochsensibilität
Auch dieser Test war infolge der Kommunikation entstanden, die wir mit hochsensiblen Mitgliedern und Interessent:innen hatten. Denn es stellte sich mir die Frage, ob Personen, die sich als hochsensibel wahrnehmen, sich tatsächlich in klarer und statistisch signifikanter Art und Weise von anderen Personen unterscheiden, die angeben, nicht hochsensibel zu sein.
Eine solche Unterscheidbarkeit ist nämlich Voraussetzung dafür, dass es sinnvoll ist, ein psychisches Merkmal zu erfassen und zu berücksichtigen.
Dies interessierte mich im Übrigen auch deshalb, weil ich mich selbst ebenfalls als hochsensibel wahrnehme.
In einer ersten Umfrage mit mehreren tausend Personen zeigte sich sodann tatsächlich, dass Personen, die sich als hochsensibel bezeichnen, sehr zuverlässig unterschieden werden können von Personen, die sich nicht als hochsensibler bezeichnen.
Auf dieser Basis wurde der HSP-Test entwickelt und steht seither allen Interessent:innen zur Verfügung. Die genauen statistischen Informationen über den HSP-Test habe ich in diesem Artikel veröffentlicht. Der HSP-Test wird seither täglich von mehreren hundert Personen durchgeführt und wir erhalten viel positive Rückmeldungen.
Ergänzung des HSP-Tests für aktuelle Studie
Gleichzeitig haben wir mithilfe des HSP-Tests auch die Möglichkeit gehabt, die Fragestellung des Einflusses von gemeinsamer Hochsensibilität und von Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung auf die Beziehungszufriedenheit zu untersuchen.
Hierfür habe ich dem HSP-Test einfach ein paar weitere Fragen zu Beziehungsstatus, Beziehungszufriedenheit, eigener Hochsensibilität von Partnern und zur Akzeptanz und Wertschätzung von Hochsensibilität durch Partner:innen hinzugefügt.
Beziehungszufriedenheit wurde auf einer siebenstufigen Skala von „todunglücklich“ bis hin zu „wie im siebten Himmel“ erhoben. Die Frage lautete: „Wie glücklich und zufrieden sind Sie in Ihrer aktuellen Beziehung?“.
Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung von Partnern für Hochsensibilität wurde auf einer ebenfalls siebenstufigen Skala erfasst, die von „nicht vorhanden“ bis hin zu „komplett vorhanden“ reichte. Die Frage lautete: „Wie hoch sind Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Ihre Hochsensibilität bei Partner:in?“
Das Vorliegen einer Hochsensibilität bei Partnern wurde auf einer dreistufigen Skala erfasst mit den Antwortkategorien „ja, ganz sicher“, „unsicher oder vielleicht“ sowie „nein, sicher nicht“. Die Frage lautete: „Liegt bei Partner:in ebenfalls Hochsensibilität vor?“
Hinweise zur Stichprobe
Jetzt habe ich diese Daten ausgewertet, um herauszufinden, was nun wirklich für die Beziehungszufriedenheit von hochsensiblen Menschen wichtig ist.
Die Auswertung beruht auf den Angaben von 5935 Personen, unter ihnen 5353 Frauen, 527 Männer und 55 nicht-binäre Personen, die alle den Schwellenwert für das Vorliegen von Hochsensibilität im HSP-Test erreichten oder überschritten. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden betrug 38 Jahre und schwankte zwischen minimal 16 und maximal 91 Jahren.
Warum gibt es so viel mehr Frauen als Männer unter den Teilnehmenden? Dies ist eine Erfahrung, die wir seit Beginn der Bereitstellung des Tests machen. Ganz offensichtlich interessieren sich Frauen bei weitem mehr für Hochsensibilität als Männer.
Ich glaube, dass dies nicht nur ein Unterschied im Interesse ist, sondern dass das Merkmal der Hochsensibilität bei Frauen tatsächlich öfter vorkommt als bei Männern. In diesem vorherigen Artikel habe ich mich damit bereits auseinandergesetzt.
Das macht glücklich
Was also macht Hochsensible in Beziehungen nun tatsächlich glücklich? Ist es die gemeinsame Hochsensibilität oder sind es Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für ihre Hochsensibilität?
Das sind die Ergebnisse:
- Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für die Hochsensibilität von Partner:innen übte einen starken und statistisch signifikanten Einfluss auf die Beziehungszufriedenheit hat. Frauen, Männer und nicht-binäre Personen waren umso zufriedener mit ihrer Beziehung, je mehr Verständnis und Wertschätzung ihre Partner für ihre Hochsensibilität zeigten (Korrelationen für die unterschiedlichen Geschlechter in der genannten Reihenfolge von r= 0,61, r= 0,65 und r= 0,63).
- Eine gemeinsame Hochsensibilität von Partnern hatte ebenfalls einen positiven, aber wesentlich schwächeren Einfluss auf die Beziehungszufriedenheit von Frauen, Männern und nicht binären Personen (Korrelationen für die unterschiedlichen Geschlechter in der genannten Reihenfolge von r= 0,27, r= 0,23 und r= 0,42).
Diese Ergebnisse bedeuten, dass die Beziehungszufriedenheit vorwiegend von Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für die Hochsensibilität von Partner:innen abhängen und eine gemeinsame Hochsensibilität höchstens eine geringe Rolle spielt.
Zudem zeigten sich folgende weitere Befunde:
- Hochsensible Partner:innen zeigten gleichzeitig häufiger Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Hochsensibilität. Waren Partner:innen also selbst hochsensibel konnten sie auch häufiger die Hochsensibilität ihrer Partner:innen akzeptieren und positiv annehmen. Dieser Effekt zeigte sich wiederum bei Frauen, Männern und bei nicht-binären Personen (Korrelationen für die unterschiedlichen Geschlechter in der genannten Reihenfolge von r= 0,27, r= 0,45 und r= 0,42). Bei Männern war die Stärke dieses Zusammenhanges signifikant höher als bei Frauen. Insbesondere Männern gelingt es demnach also leichter, Hochsensibilität bei Partner:innen positiv zu akzeptieren, wenn sie selbst hochsensibel sind. Frauen gelingt dies demgegenüber auch öfter dann, wenn sie selbst nicht hochsensibel sind.
Kann es also sein, dass gemeinsame Hochsensibilität nur deshalb die Beziehungszufriedenheit verbessert, weil hochsensible Personen auch selbst mehr Verständnis und Akzeptanz gegenüber Hochsensibilität haben?
Dies würde umgekehrt bedeuten, dass bei Vorhandensein von Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Hochsensibilität eine gemeinsame Hochsensibilität keine Rolle mehr spielen würde.
Statistisch konnte diese Frage untersucht werden, indem die isolierten Effekte von gemeinsamer Hochsensibilität und Akzeptanz und Wertschätzung für Hochsensibilität auf die Beziehungszufriedenheit betrachtet wurden:
- Möglich ist dies über sogenannte Partialkorrelationen, bei denen der Einfluss eines dritten Merkmals aus dem Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen entfernt wird. Entsprechend habe ich den Einfluss der gemeinsamen Hochsensibilität aus dem Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Beziehungszufriedenheit entfernt, und umgekehrt auch den Einfluss der Akzeptanz und Wertschätzung aus dem Zusammenhang zwischen gemeinsamer Hochsensibilität und Beziehungszufriedenheit.
Es ergaben sich nun folgende isolierte Einflüsse von Akzeptanz und Wertschätzung sowie gemeinsamer Hochsensibilität auf die Beziehungszufriedenheit:
- Die partielle Korrelationen, die den reinen Einfluss von Wertschätzung und Akzeptanz unabhängig von gemeinsamer Hochsensibilität erfasst, wiesen nach wie vor bei Frauen (r =,60), Männern (r =,62) und nicht-binären Personen (r= ,63) ein hohes Niveau auf.
- Demgegenüber zeigte gemeinsame Hochsensibilität nach Kontrolle von Wertschätzung und Akzeptanz einen weiterhin statistisch signifikanten, aber nur noch minimalen, trivialen Einfluss auf die Beziehungszufriedenheit bei Frauen (r =,05) und Männern (r= ,90). Der minimal höhere Effekt verfehlte bei den nicht-binären Personen (r =,15) wegen der geringen Stichprobengröße sogar die statistische Signifikanz.
Der isolierte Einfluss von Wertschätzung und Akzeptanz auf die Beziehungszufriedenheit blieb also bei allen Geschlechtern nahezu unverändert, wenn der Einfluss der gemeinsamen Hochsensibilität statistisch herausgerechnet wurde. Der umgekehrte Effekt von gemeinsamer Hochsensibilität auf die Beziehungszufriedenheit verschwand aber nahezu vollständig, wenn für Wertschätzung und Akzeptanz von Hochsensibilität kontrolliert wurde.
Diese Ergebnisse bedeuten, dass hochsensible Menschen im Durchschnitt nur deshalb mit ebenfalls hochsensiblen Partner:innen glücklicher werden, weil diese ihrer Hochsensibilität mehr Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber bringen. Bringen nicht-hochsensible Personen das gleiche Ausmaß an Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung auf, sind sie als Partner:innen für hochsensible Personen ebenso gut geeignet.
Resümee und Empfehlungen
Die Ergebnisse der Studie zeigen eindeutig, dass Hochsensible in Beziehungen mit nicht-hochsensiblen Partnern glücklich werden können. Entscheidender Faktor hierfür ist jedoch Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für die Hochsensibilität der Partner:innen. Liegen Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung vor steht dem Beziehungsglück zwischen hochsensiblen und nicht-hochsensiblen Personen nichts im Wege.
Im Durchschnitt zeigen allerdings hochsensible Personen – und dies gilt insbesondere für Männer – öfter Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Hochsensibilität als nicht-hochsensible Personen. Insofern machen Partnersuchende, die nach anderen Hochsensiblen suchen, nichts grundlegend falsch. Allerdings können sie so Chancen verpassen, da der Suchraum eingeengt wird und es in Wirklichkeit ebenso gut geeignete nicht-hochsensible Partner:innen gibt, die trotz eigener Nicht-Hochsensibilität Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Hochsensibilität aufweisen.
Hochsensible sind oft reizempfindlicher, reagieren stärker emotional und benötigen mehr Rückzugsräume und Erholungszeiten. Wenn dies bei den Partnern auf kein Verständnis trifft, kann das schnell zu Stress und Überforderung führen. Wertschätzung und Akzeptanz sind daher der entscheidende Faktor für das Beziehungsglück hochsensibler Menschen. Eine gemeinsame Hochsensibilität ist demgegenüber nicht notwendig.
Hochsensible Singles brauchen also nicht zwangsläufig ebenfalls hochsensible Partner:innen. Es genügt, wenn sie nach Personen suchen, die gegenüber ihrer Hochsensibilität Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung zeigen. Dies erweitert den Suchraum erheblich.
Wichtig für die richtige Partnerwahl ist es dabei aber, bereits bei Partnersuche und dem Kennenlernen die eigene Hochsensibilität anzusprechen und darauf zu achten, ob die möglichen Partner:innen tatsächlich einen positiven Umgang hiermit zeigen. Denn ein solcher positiver Umgang im Sinne von Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Hochsensibilität ist tatsächlich eine wichtige Voraussetzung für das Beziehungsglück.
Allerdings hängt andererseits keineswegs alles von Partnerwahl ab. Zudem ist Beziehungszufriedenheit kein statisches, immer gleich bleibendes Merkmal, was nur einmal am Anfang vorhanden sein muss. Vielmehr sind Beziehungs- und Kommunikationsverhalten für die Beziehungszufriedenheit mindestens ebenso wichtig oder sogar wichtiger als die Partnerwahl allein.
Paare sollten daher bei Problemen mit der Hochsensibilität nicht vorschnell eine Trennung in Betracht ziehen, sondern durch offene Gespräche an mehr Verständnis und Akzeptanz arbeiten. Schließlich zeigt die aktuelle Studie, dass es keine unüberwindbaren Barrieren zwischen hochsensiblen und nicht-hochsensiblen Partner:innen für eine glückliche Beziehung gibt.
Schaffen es Paare, Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung herzustellen, kann eine glückliche Beziehungen zwischen ihnen entstehen, auch wenn die Hochsensibilität nicht miteinander geteilt wird.